Europa und die Europäische Union (EU) befinden sich im Ausnahmezustand. Seit Monaten spitzt sich die Kredit- und Schuldenkrise zu. Auf immer neuen Regierungskonferenzen werden Notprogramme beschlossen, um den Kapitalismus zu sanieren. Glaubt man Politik und Medien, drohen sonst Zusammenbruch, Rezession und neue Armut. Mit dieser Katastrophenrhetorik werden marktradikale Reformen durchgesetzt, die unsere Gesellschaft und unser Leben auf Jahrzehnte bestimmen – wenn wir uns nicht wehren. In den ersten Jahren der Krise hieß es, der Kapitalismus müsse gezügelt werden. Banken und Konzerne sollten einen Teil der Lasten tragen, die sie selbst mit verursacht hatten. Doch gerade passiert das genaue Gegenteil: Die EU, ihre Mitgliedsstaaten und Beitrittskandidaten setzen auf mehr “Wettbewerb” und einen brutalen Sparkurs, um das “Vertrauen” und die Profite der Privatwirtschaft zu sichern. Genau damit aber bestätigen sie die destruktive Logik des Kapitalismus. Kapitalismus heißt Krise und Ohnmacht, Armut inmitten von privatem Reichtum. Organisieren wir uns für eine bessere Gesellschaft!
Als Teil des No-WKR Bündnisses wollen wir einen kleinen Rückblick (die ausführliche Nachbetrachtung folgt innerhalb der nächsten Tage) auf die erfolgreichen gestrigen Proteste der größten Demonstration gegen den WKR-Ball seit Beginn der Gegenaktionen (2008) bieten. Wie auch die Jahre zuvor konnte die Kriminalisierungsstrategie der Polizei auch dieses Jahr nichts an der Entschlossenheit gegen den WKR Ball auf die Straße zu gehen, ändern. Im Gegenteil: Gleich mehrere Mobilisierungen durch diverse linksradikale Bündnisse (antifanet, NoWKR, …ums Ganze!) wurden dieses Jahr angestrengt, und waren schlussendlich auch mehr als erfolgreich: Die Demonstration von gut 1800 Leuten (Quelle: Indymedia) konnte nicht nur den Demotreffpunkt am Europaplatz ohne größere Probleme verlassen, sondern auch ohne Zwischenfälle entschlossen durchgesetzt werden.
Nach der Demo kam es dann trotzdem zu insgesamt 21 Festnahmen, wobei nicht ganz klar ist, ob die Neonazis, von denen ebenfalls einige festgenommen wurden, mitgezählt sind. Die Rechtshilfe bittet alle Leute, die gestern festgenommen wurden – und sich noch nicht gemeldet haben – dies (falls möglich verschlüsselt) per Mail nachzuholen. Betroffene und Augenzeug*innen können sich über Updates, Kontaktadresse zur Rechtshilfe und alles weitere auf rhwien.noblogs.org informieren.
Abschließend wollen wir uns bei allen bedanken die den gestrigen Protest mit uns auf die Straße getragen haben. Für den Kommunismus!
Am Donnerstag, den 26.01., findet um 17 Uhr eine Infoveranstaltung mit News zu den Protesten gegen den WKR-Ball 2012 statt.
Ort: altes AKH, Uni Campus (Spitalgasse 2-4), Hof 2, Gewi. (neben dem Hörsaalzentrum C)
Unser Mobi-Jingle ist da, und kann unter folgendem Link angehört werden: noWKR-Jingle
Ausserdem für euch: Ein Interview mit Radio Orange zu den noWKR-Protesten. Anzuhören hier.
Und der Tagesplan für den 28.01. steht soweit… 13:00 Uhr: „Burschisafari“ – Burschenschaften in Wien / Einführung und Spaziergang (Zuvor gibt es ein kurzes Inputreferat. Das ganze dauert ca. 2-3 Stunden. Anmeldung unter: afa_wien [ät] riseup.net 15:30 Uhr: Infoveranstaltung zum „M31 – European Day of action against capitalism“ (march31.net)
Antifaschistische Demonstration! Treffpunkt am Europaplatz in Wien, 17 Uhr!
Die Demo ist angemeldet & wurde nicht untersagt! Im Internet kursieren aktuell Gerüchte, dass die noWKR-Demo „illegal“ sei. Das ist nicht korrekt! Alle aktuellen Ankündigungen, Infos & News findet ihr auf unserer Seite, http://nowkr.at, http://umsganze.org oder http://antifanet.at
Dieser Beitrag wurde für die in Kürze erscheinende Broschüre „Zur Kritik… “ der Gruppe D-Day geschrieben. Hier nun die vorab Veröffentlichung.
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Vorwort
Gerade in Anbetracht des gesellschaftlichen Diskurses, welcher sich um den WKR-Ball 2012, der am Jahrestag der Auschwitz-Befreiung stattfindet, und den österreichischen Umgang mit der nationalsozialistischen Geschichte drehen, möchten wir mit linken Allgemeinplätzen in Bezug auf Geschichts- und Gedenkpolitik aufräumen. Die Notwendigkeit, die soziale Form des Gedenkens aus ideologiekritischer Perspektive zu thematisieren, scheint uns aktuell gegeben zu sein. Die später angeführten Thesen können und sollen nicht als abgeschlossen gesehen werden, sondern sollen zu einer kritischen Positionsbestimmung der radikalen Linken beitragen.
Mit der Kritik an der Gedenkform wollen wir nicht die spezifische Verlaufsform von Nationalideologien der deutschen und österreichischen Täter_innengesellschaft unterschlagen. Diese Kritik muss als eine Zuspitzung gesehen und verstanden werden, die ein Problem deutlich machen soll. Es ist wichtig, die identitäre Funktion des Gedenkens zu kritisieren, anstatt in vermeintlich „gutes“, also „richtiges“, und „böses“ – „falsches“ – Gedenken zu unterscheiden. Es sollte kein Zweifel darüber bestehen, dass der Holocaust, als einzigartiges Geschehen, eine Herausforderung für nationale Identitätspolitiken darstellt. Die Flexibilität des Gedenkens wird am Beispiel Deutschland besonders deutlich. Durch die Singularität des Holocaust und der „Fähigkeit“, dieses Einzigartige zu „bewältigen“, hat Deutschland als „Aufarbeitungsweltmeister“ wieder einen positiven Bezugspunkt gefunden, der ins nationalideologische Narrativ eingespeist werden konnte. Für Österreich lässt sich das bisher nicht behaupten.1
Samstag, 21. Januar 2012 // 15:30 Uhr // Hauptgebäude Uni Wien, Hörsaal 33 (Dr. Karl-Lueger-Ring 1, 1010 Wien)
mit: T0P B3rlin - Theorie.Organisation.Praxis. Kommunistisches Projekt gegen alles Böse. (http://top-berlin.net/) Dr.in Karin Liebhart (Politikwissenschaftlerin, Wien) autonome antifa [w] (http://antifaw.blogsport.de/)
Zur Ideologiekritik des Gedenkens
Der alljährliche Ball des Wiener Korporationsrings (WKR) in der Wiener Hofburg, dem Amtssitz des österreichischen Bundespräsidenten, erscheint oberflächlich betrachtet als zeremoniell erstarrte, aus der Zeit gefallene Schrulle – als bizarres Stelldichein ‚Ewiggestriger‘. Doch gerade seine sorgsam inszenierte Traditionskruste macht ihn hier und heute so attraktiv und gefährlich. Im Glanz historischer Pracht und Größe finden Neonazis, Burschenschafter, etablierte Eliten und Rechtspopulist*innen mühelos zusammen. Was sie lockt und befriedigt ist die rituelle Aufführung einer historisch verbürgten Gemeinschaft: der Nation. Nationales Privileg, Einschluss und Ausschluss erscheinen im historischen Gewand als vorpolitische Rechte, an denen schlechterdings nicht zu rütteln ist. Und genau dieses nationale Versprechen verbindet Burschis und Nazis mit ihren bürgerlichen KritikerInnen.
Veranstaltungshinweis:
Wann? – Dienstag 10.01.2012, 19 Uhr
Wo? – Hus (Rathausstraße 19-21 / gegenüber vom NIG)
Vortrag & Diskussion „Falsch verbunden? – Von Fuxen, Burschen und Bierjungen: Dimensionen und Kritik des Phänomens ´studentische Korporationen´ in Österreich und Deutschland“.
Mobilisierungsveranstaltung zu den korporationskritischen Protesten in Linz (Jänner/Februar 2012)
Im Vortrag sollen Argumente und Fakten vermittelt werden, die eine differenziert-kritische Auseinandersetzung mit „studentischen Verbindungen“ (z.B. Corps, CV-Verbindungen, Turnerschaften, Burschenschaften usw.) ermöglichen. Es sollen Gemeinsamkeiten und Unterschiede verschiedener Korporationstypen herausgearbeitet werden und eine Kritik am Phänomen entwickelt werden. Dazu sollen auch theoretische Ansätze die zur Analyse geeignet sind vorgestellt werden.
Daneben soll eine Kritik an häufigen Formen der (antifaschistisch-aktivistischen) Auseinandersetzung mit Korporationen, die meist ihren Fokus auf „völkische Verbindungen“ legen (Beispiel: No-WKR-Proteste) vorgestellt und diskutiert werden.
Anschließend wird es Infos zu den Aktionen gegen den CV-Ball (14.1.12) und den Burschenbundball (11.2.12) in Linz geben. An beiden Terminen würden sich Aktivist_innen aus Linz über Unterstützung freuen. Vormerken, solidarisch sein und hinkommen wär super! (mehr…)